Die ausgedehnten Kiefern- und Kiefern-Traubeneichen-Wälder im Flachland der Lausitz beherbergten bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts bedeutende Bestände des Auerhuhns in Mitteleuropa. Kurz vor dem Jahr 2000 erloschen allerdings die letzten autochthonen Vorkommen und damit die einzige Tieflandpopulation der Art in Deutschland. Hauptverantwortlich für den Zusammenbruch waren großräumige Lebensraumdegradierungen und -verluste, die in den letzten zwei Jahrzehnten des Bestehens der DDR kulminierten. Dazu zählten insbesondere die Intensivierung der Waldbewirtschaftung, sowie der großräumige Braunkohlenbergbau.
Seit den 1990er Jahren haben sich die Lebensbedingungen für das Auerhuhn in der Lausitz gebietsweise wieder deutlich verbessert. Dank der Initiative der AG Auerhuhn, eines Zusammenschlusses aus Biologen, Forstwissenschaftlern und weiteren Fachleuten aus dem Umweltbereich, gelang inzwischen die Wiederansiedlung der Art in der Niederlausitz. Zu den Aktivitäten der AG zählen neben Maßnahmen zur Verbesserung der Habitatqualität die Umsiedlung von Auerhühnern aus stabilen schwedischen Populationen in die Niederlausitz seit dem Jahr 2012.
Im Winter ernähren sich Auerhühner fast ausschließlich von Koniferennadeln, während sie im Sommer Blätter, Blüten und Früchte, insbesondere der Blaubeere (Vaccinium myrtillus), zu sich nehmen.
Die ehemaligen Großtagebaue, welche den Lebensraum der Lausitzer Auerhühner damals stark fragmentierten, wurden im Verlauf der letzten Jahrzehnte zu teilweise wieder bewaldeten Bergbaufolgelandschaften. Die meisten Kippenwälder entstanden durch Aufforstung, wobei die Kiefer aus wirtschaftlichen Gründen und aufgrund ihrer standörtlichen Genügsamkeit in der Niederlausitz die dominierende Rekultivierungsbaumart darstellt.
Trotz dieser tendenziell geeigneten Ausstattung der durch Großräumigkeit und Unzerschnittenheit geprägten Bergbaufolgelandschaft bieten Kippenwälder derzeit kaum Lebensraum für das Auerhuhn. Dies ist neben ihrem jungen Entwicklungsstadium auf das noch verbreitete Fehlen von Beersträuchern wie der Blaubeere zurückzuführen. Bis diese von allein in die Bestände einwandern, vergehen meist längere Zeiträume, da die Blaubeere keine Art gestörter Standorte ist und einen humosen Oberboden zur Entwicklung benötigt. Selbst in älteren Kippenwäldern (> 60 Jahre) fehlen Beersträucher oft.
Mit dem Pilotprojekt werden folgende Ziele verfolgt:
- Förderung der Blaubeersträucher in Kippenwäldern durch Maßnahmen einer assistierten Wiederansiedlung, um diese als Lebensraum für das Auerhuhn und andere Arten, welche von der Blaubeere profitieren, aufzuwerten. Diese Maßnahmen dienen in erster Linie dazu, der Blaubeere einen Besiedlungsvorsprung vor dem Reitgras zu verschaffen. Dazu werden künstlich Blaubeerinitiale geschaffen, sobald die Bodenbedingungen es zulassen. Ausgehend von diesen Initialen wird eine beschleunigte, flächenhafte Ausbreitung der Blaubeere erwartet.
- Offen ist dabei, wie die Einbringung der Blaubeere in die Kippenwälder erfolgreich und mit vertretbarem Aufwand durchgeführt werden kann. Erfahrungen mit der Einbringung von Blaubeeren in Kippenwälder oder vergleichbare Standorte sind uns nicht bekannt. Deshalb werden zwei verschiedene Varianten bei der Einbringung der Blaubeere erprobt und verglichen. In Abhängigkeit von der Ansiedlungsmethode und der Standortfaktoren soll die Übertragbarkeit der Maßnahmen in Bergbaufolgelandschaften außerhalb des Projektgebietes sichergestellt werden.
- Durch das Monitoring der Vitalität und der Entwicklung bzw. Etablierung der Blaubeerpflanzen wird der Erfolg der Maßnahmen dokumentiert und die Ableitung von Empfehlungen für die Übertragung auf andere Standorte ermöglicht.
- Die Ursachen, warum Kippenwälder von der Blaubeere nicht oder nur sehr zögerlich besiedelt werden, sind noch nicht abschließend bekannt. Dem wird durch die exemplarische Erfassung von für diese Vektoren geeigneten Habitatstrukturen nachgegangen.
Projektpartner
- Rittergut Stechau, Dr. Bardia Khadjavi-Gontard
- Förderverein des Naturparkes Niederlausitzer Heidelandschaft